5. Januarkreativ

Die Rauhnächte lassen grüßen 2

Kreative Dinge entstehen
wer hätte das gedacht
im Stau der Gedanken feststeckend

Und plötzlich fließt es wieder…

Noch ist das Jahr jung
hat seine Unschuld nicht verloren
zaghafte Schritte auf weißem Papier
wie vereinzelte Vogelschritte

Alte Lasten blieben zurück
es geht sich leichter so
was bleibt, wiegt weniger schwer

Lebensteppich

Die Raunächte lassen grüßen!

Das Muster, so klar wie nie
zeigt es sich mir
im Teppich, die tragenden Fäden
ich sehe sie
Struktur, ein Netz
das durch die Geschichte trägt
die lange vor mir begann
und nicht endet mit meinem Tod

Nicht alle Fäden mag ich
Schmerz steckt darin
Trauer und Frust, Selbstaufgabe, Zweifel
doch sind sie auch
Stein des Anstoßes und Reibungsfläche
an der ich mir Narben hole und wachse

Würde ich sie ziehen, die Fäden
die ungeliebten
Löcher und Leerstellen blieben
nicht ich, nur eine glatte Hülle
ohne tragende Substanz

So müssen sie bleiben
doch um sie herum bin ich frei
mein Lebensgewebe neu zu gestalten.

Storytelling und die magische Begleitung(4)

In bester Gesellschaft?

Die vier Bäume gleicher Art stehen auf einem abgesteckten Wiesenfeld. Beinahe für sich allein haben sie den Platz. Nur einer steht etwas abseits in der Böschung, die Abgrenzung ist zwischen Wohngebiet und Park. Die Bäume sin unterschiedlich groß. Zwei von ihnen stehen sehr nah beieinander. Sie könnten ein Paar sein, das sich streitet. Einer, Leo, ist hochgewachsen. In seiner Krone ruht ein Nest. Der andere, Liz, ist kleiner, spreizt sich und wächst in die Breite. Staksige Hexenfinger, rund um den Stamm unten, recken sich in die Höhe.
Noch ist Winter. Alles wirkt starr und wie in sich gefangen.

Gräbt Leo Liz den Boden ab? Wehrt sich Liz mit immer neuen Reisern, um ihren Platz zu bestreiten? Der Zaungast in der Böschung, Louis, schaut ungerührt zu. Lou schaut mit Abstand auf das Paar. Sie scheint nicht ungerührt, eher wie jemand, der nach den richtigen Worten sucht, um zu schlichten. Das Paar bildet auch im Streit eine Einheit. Einige Zweige sind so lang, dass sie einander berühren. Die Frage bleibt unbeantwortet, ob sie sich liebkosen oder wegzudrängen versuchen. Was mag ihm Wurzelwerk unter der Erde vor sich gehen?
Eine Weile lausche ich ihrem Gespräch:

Leo:
„Liz, mach nicht so ein Theater, ich tu dir doch nichts.“
Liz:
Doch, du gräbst mir unter der Erde den Platz ab. Meine Wurzeln kommen nicht weiter. Du siehst doch, dass überall unten am Stamm neue Reiser in die Höhe schießen. Irgendwo muss ich ja hin.“
Leo:
Liz, es ist Platz genug da für uns beide. Ich wachse doch schon in die Höhe, um mich nicht mit dir zu verhaken.“
Liz:
Ich glaube, du nimmst mich nicht ernst, Leo. Ich sagte doch schon, deine Wurzeln drängen mich ab. Kannst du nicht in die andere Richtung weiterwachsen? Da ist noch viel Platz. Ich kann hier nur noch wenig in die Breite wachsen.“
Leo:
Auf der anderen Seite sind zu viele Steine. Da komme ich nicht durch.“
Louis dreht sich um. Er hat keine Lust auf seine streitenden Nachbarn. Es reicht schon, dass er im Gebüsch seinen Platz behaupten muss. Deshalb hält er lieber den Mund. Die staksigen Reiser von Liz machen ihm Angst.
Lou:
Ach ihr beiden, es hat doch bisher alles gut funktioniert zwischen euch beiden. Warum so feindselig, Liz?“
Leo:
„Liz, du weißt doch, dass ich dich gerne in meiner Nähe habe. Ich versuche ja, meine Wurzeln an deinen vorbeizuleiten. Gern kannst du noch etwas in die Breite wachsen und mir näherkommen.“
Liz:
„Hm. Ich will aber so groß werden wie du, Leo. Vielleicht baut ein Vogel dann auch bei mir ein Nest. Bis jetzt brüten sie nur bei dir.“
Leo:
„Das mit dem Nestbau ist zwar ganz nett, aber die Vögel lassen auch ihren Dreck auf mich fallen.“
Lou:
„Wisst ihr was, noch ist Winter, da wachst ihr kaum. Bestimmt findet ihr bis zum Frühling eine Lösung.“
Louis mischt sich jetzt doch ein.
Louis:
Eigentlich bin ich froh, euch hier zu haben. Ist doch schön unter Artgenossen zu sein und die gleiche Sprache zu sprechen. Eigentlich verstehen wir uns doch ganz gut. Ich hoffe, das bleibt auch so!“
Liz:
Nun gut, reden wir in einem Monat weiter. Dann ist schon fast Frühling.“

Corona und ich 2

…der Zeit ein Schnippchen geschlagen, augenblickelang…

1.

Erst war da dieses grüne Lächeln,
das sich zaghaft aus dem vergilbten Laub des vergangenen Jahres schälte, sich zu erheben schien,
um zu beginnen über den Dingen zu schweben,
sich hineinzuweben in Tage und Nächte,
mit einem Duft, der zunächst fein
immer mehr an Intensität zuzunehmen begann,
bis jetzt im Frühling
weder Grün noch Duft und Klang aufzuhalten sind,
um in einer grünen Symphonie zu erklingen.
Das nun strahlende Lächeln im Wettlauf mit der Sonne
weckt die letzten Langschläfer aus ihren Träumen.
Die Zeit ist reif und der Boden bereit zum Sähen.
Neues will wachsen.

2.

Ich öffne das Rollo und schau hinaus
Alles leuchtet, will in mein Herz
dort wachsen und wuchern
bestricken und becircen
wie die Knospen im Baum
die darauf warten, bald blühen zu dürfen

Ich öffne das Rollo und schaue hinaus
möchte baden im Licht
goldene Seelenwärme aufnehmen
mich wiegen im Wind
der den Baum umschmeichelt
und auch mich liebkost

WENN DER STURM REDEN KÖNNTE

Hey! Ich habe hier auch ein Wörtchen mit zu reden. Ein Gewichtiges sogar. Schließlich bewege ich die Wellen, auf denen das Boot mit dem Findelkind schwimmt.
Mein Zorn ist schon abgeflacht, ich schäume nicht mehr vor Wut. Ich habe eine große Herausforderung angenommen und mit einem Felsen auf Leben und Tod gerungen. Ein Teil meiner Kraft hat sich dort verflüchtigt. Leider steht der Felsen immer noch im Weg und hält mich auf, aber ein paar Bäume, die sich in ihn hineint gekrallt hatten, konnte ich umreißen und entwurzeln.
Ich bin der Sturm, das ist mein Wesen.
Grausam oder böse bin ich nicht, das können nur Lebewesen sein. Ich habe keine Gefühle, tu nur, was zu tun mir geboten ist. Durch mich entsteht Chaos. Und aus dem Chaos wächst eine neue Ordnung, die ich wieder umwerfe, wenn sie zu sehr stagniert. Dann kann ich Wirbelsturm werden oder mich zum Orkan aufbauen.
Eigentlich habe ich weder Gedanken noch Worte. Ich bin einfach, und wer mir zu trotzen versucht, sollte sich vorsehen.
Du bist besorgt um das Boot und seinen Inhalt, stimmt´s? Nun soviel kann ich dir schon sagen: mein langer, mächtiger Atem pustet das Boot geschwind in den Süden. Das ist Land. Das Boot ist gar nicht so zerbrechlich, es kippelt nicht und tanzt mit den Wellen. Es wird heil bleiben.

Gold

Das Gold der späten Sommertage, das sich in den abgeernteten Getreidefeldern verdichtet, liegt noch tief im Schlaf versunken. Nur manchmal strahlt es durch die Träume und lässt Sequenzen in einem besonderem Licht erstrahlen.

Es ist nur ein Schritt. Er scheint dir so schwer. In dir ist der Widerstand groß. Du stolperst, bist plötzlich dem Wurzelwerk näher. Und du staunst….es war gar nicht schwer. Warum musstest du so lange warten? Die Perspektive ist anders, der Blick tiefer. Proportionen im Gefüge von Zeit und Raum verschieben sich. Und plötzlich lacht es in dir: du hast den roten Faden wieder gefunden. Jetzt geh und tu. Die Zeit des Abwägens und Unentschiedenseins ist vorbei.

Mitbringsel 5

Ein Rest Messinglicht schiebt sich ins Grau
sichelförmige Blattspuren leuchten auf dem Asphalt, ein Weg, aber wo hin?
Diese kleinen Blätter, die mich an scharfe Messer erinnern, und wie festgeklebt scheinen.
Der Hund, grau mit dem hängenden Ohr, der meinen Kinderwagen bewachte auf dem Hof meiner Großmutter zwischen Hühnern und Enten, der, den aussortiert niemand haben wollte und dessen Namen keinem Überlebenden mehr einfallen will, an den erinnere ich mich nicht, es gibt kein Foto, nur in den Worten darüber findet sich Nachhall…da war doch was…sind nur noch die Worte übrig geblieben? Nein, auch ein warmes Gefühl von Schutz. Was macht schon ein hängendes Ohr?
Im Dezember damals gab es dort viel Schnee und die Federn von geschlachteten Gänsen. Es ist lange her…und jetzt schau ich dem Aufblitzen des letzten Lichts im übrig gebliebenen Apfelbaumlaub nach.