Dunkle Astbögen auf-und abstrebend
sichtbar geworden unter dem lichter werdenden Laub
stark und dunkel verbinden sie Himmel und Erde
über den breiten Stamm, der Gewichte zu stämmen weiß
der Baum vor meiner Tür
ein in sich ruhendes System, indem das Leben tobt
25.10.20
Das Messinglaub zittert im Wind
Die Luft ist herbstlich kühl und klar
An den Horizont gemahlt
ein breiter glühender Streifen
Die Kirchenglocke läutet.
Der Klang mischt sich
mit dem Rauschen des Windes
dem Krächzen der Krähen
und dem Zwitschern vereinzelter Amseln
Der Sonntag schüttelt den Schlaf
aus der langen Nacht
und beginnt leise zu summen
klingen und singen
19.10.20
Singen und Klingen
tanzend die Zeit vergessen
unter den Bäumen
diesen Herbsttag genießen
in vergänglicher Fülle
Und sich eins fühlen
mit Wasser, Luft und Erde
dem roten Feuer
das lebhaft in dir lodert
und dich stetig voran treibt
Ich freue mich
und singe
wie die amsel im apfelbaum,
bevor die sonne unterging
während ein blatt golden im wind
zu boden schwebte
und mein herz warm wurde
im letzten licht
und ich mich öffnete dem großen Gesang
in dem alles zusammen klingt
Mein ganz besonderer Jahreswechsel
.. begann an dem Tag nach dem brutalen Anschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt. Da fand ich im Kölner Stadtanzeiger einen Aufruf. Singinteressierte wurden gesucht für ein Gospelkonzert auf dem Roncalliplatz neben dem Kölner Dom am Silvesterabend. Der Projektchor nannte sich „gospelcologne“ Die Gedanken noch in Berlin, die Ereignisse vom Jahreswechsel 2015/16 in Köln unvergessen, meldete ich mich mit meinem Mann sofort an.
Schließlich sollte mit dem Konzert ein Zeichen gesetzt werden für ein friedliches und weltoffenes Miteinander. Gern wollten wir Teil dieses Zeichensetzens sein und angesichts der Ohnmacht den Geschehnissen gegenüber auf unsere Weise etwas dagegen setzen.
In einem zweitägigen Workshop zu dem sich 155 Singinteressierte angemeldet hatten, wurden wir mit den Songs vertraut gemacht, die wir am Silvesterabend singen würden. Kompetente Anleiter mit großartigen Stimmen, standen uns dabei in der Friedenskirche an der Rheinaustrasse zur Verfügung: Onita Boone, Natalia Antczak, Tyndale Thomas, der aus Manchester anreiste. Wir haben ganz schön geschufftet, geschwitzt, aber auch Lebensfreude gespeichert, um die neun Songs zu erlernen.
Wir probten gemeinsam, fanden zueinander, um mehrstimmig zu singen und tranken vor der Friedenskirche gemeinsam Glühwein.
Am Samstag war es dann soweit. Die Stimmung stieg, auch die gute Laune und die Freude auf das gemeinsame Konzert. Um 17 Uhr erhielten wir im historischen Rathaus die gelben Bändchen, mit denen wir die böllerfreie Zone rund um den Dom ohne Kontrolle betreten durften. Gebäck und Getränke erwarteten uns, um die Zeit bis zur Generalprobe um 18 Uhr angenehm und mit freundlichen Gesprächen zu überbrücken. Chorerfahrungen wurden ausgetauscht, denn die meisten der Teilnehmer gehören einem oder mehreren Chören in und um Köln an.
Um 20 Uhr gings zum Roncalliplatz auf unsere Bühne am Domhotel gegenüber vom Römisch-Germanischen Museum, links von uns der Dom. Die Lichtinstallation war beeindruckend.Wir übten die Aufstellung, stellten uns den Kameras der Presse und die Tontechniker regulierten den Klang. Es war ganz schön kalt und so waren wir froh, als wir nach etwa vierzig Minuten zurück im Rathaus waren, um uns dort bei warmer Suppe aufzuwärmen. Die Spannung stieg weiter. Hier und da wurde noch ein bisschen Text und Gesang geübt.
Um 22.10 Uhr wurde es ernst. Mein Herz klopfte ganz schön, als wir zum Konzert aufbrachen, das um 22.30 Uhr beginnen solllte. Ca 2000 Menschen in ausgelassener und friedlicher Stimmung fanden sich auf dem Roncalliplatz ein, wurden quasi wie wir Teil der Lichtinstallation.
Auf der Bühne angekommen jubelten uns die Zuschauer schon zu. Da geht einem das Herz auf. Und dann ging es los. Wir tanzten uns warm. Auch die Aufregung half der Kälte zu trotzen. Auf der Bühne selbst konnte ich nicht herausfinden, wie wir nach außen klingen, aber die Zuschauer, die von den Solisten perfekt integriert wurden, gingen mit, waren begeistert. So sangen wir statt einer Stunde 90 Minuten und endeten erst mit Beginn des Feuerwerks zum Jahreswechsel. Zum Schluss gab es noch Sekt zum Anstoßen und viele Umarmungen. Menschen wachsen zusammen, wenn sie miteinander singen. Sie trauen sich und vertrauen einander. Beim gemeinsamen Singen entsteht eine Art von Einssein, ein einziges Ganzes, zusammengesetzt aus ganz vielen unterschiedlichen Stimmen und Menschen. Und was entsteht ist GROßartig und überwältigend.
Die Hochstimmung hält immer noch an und das Gefühl, Teil von etwas ganz Besonderem gewesen zu sein.
Herzlichen Dank auch an Konztantin Krell, der das Projekt geleitet hat und in meinen Ohren immer die richtigen Worte zum richtigen Zeitpunkt gefunden hat. Danke auch an die Stadt Köln, die dieses kurzfristig inszenierte Konzert auf unbürokratische Weise gefördert und unterstützt hat. Danke auch an alle wunderbaren Mitsingenden und Solisten. Ich hoffe, ich werde den ein oder anderen wiedersehen. Hier finden sich einige Videos vom Konzert:
Gospelcologne auf Facebook
Der entschwundene Ton 1
Plötzlich, mitten im Lied, ist er entgeistert davon geflogen, panisch. Der Ton war zu schrill. Ihm war zumute, als sei in seinem Lieblingsinstrument, der Geige, eine Seite gesprungen. Er setzte sich zwischen die Stare auf der Stromüberlandleitung. Furchtbar, dieses Pfeiffen im Ohr. Die Stare versammelten sich, um gen Süden zu fliegen. Wenn die Stimme, aus der er erklungen war, so dachte der Ton, so unvorsichtig mit ihm umging, wollte er sich lieber eine andere Stimme suchen. Warum, nicht einfach mitfliegen mit den Staren?.Hier hielt ihn nichts mehr. Zum Glück ließ das schrille Pfeiffen im Ohr langsam nach und die Energie kehrte zu ihm zurück.
Gesang
Großer Atem
Mutter Erde
schenkt mir einen Ton
der lange klingt
so lange
bis ein andere Ton sich befreit
um mit mir zu klingen
zu singen
als Geschenk und Segen
an die Nacht und ihren Schutz
in der sich Leben entwickelt
und in den Tag hinein wächst
Wolken schmecken
essen wolken leise
lauschen laut der zeit
still verhallt das stete tropfen
singt den augenblick in ewigkeiten
Dem Singetag geschenkt
WENN EINE SEELE WANDERT
Still der Tag und silbergrau meliert
und doch bewegt
es singt ein Lied sich in die Zeit
wenn eine Seele wandert leise
doch wohin geht sie, wenn der Körper stirbt?
Wie eine Wolke sich zerfranselt
und aufgesogen wird vom Blau
löst sie sich auf im NICHTS
Museumsinsel Hombroich 1
Und ich fand im runden Haus
einen gläsernen Turm
die Schnittmenge gepaart
aus alten Steinen und Glas
gefliest und leer
ein Hall
der Lust macht
die Stimme zu erproben
zu spielen mit dem Flüstern und Raunen
und dem meditativen
OM
mit Blick in das nasse Grün
am verhangenen Wasserarm
Musik zu schreiben
für diesen Raum
auf der Insel
auch das
wäre Kunst
Weil mich maribey von Findesatz gerade mit ihrem Foto an die Museumsinsel Hombroich erinnert hat, fielen mir die Gedichte wieder ein, die ich beim zweiten Besuch dort geschrieben habe. Damals sang ich noch nicht im Chor, aber das Ausprobieren und Experimentieren von Stimme und Klang in unterschiedlichen Räumen fand ich schon damals sehr spannend.
Zwischen zwei Atemzügen
Wenn es himmelig blaut
an den Abenden sommerlicher Monde
zerstreuen sich Duftorgien zartgehauchter Töne
über Blumen, Pflanzen und Bäume
Im Klang der Vogellieder liegt Abschied und Neubeginn
Wenn die Nacht den Tag verspeist und Sterne funkeln lässt
streift ein sanfter Atem über deine Haut
ein Engel aus Licht spaziert durch Wand und Raum
auf seiner Wange Rosenblätter
Blicke werden weit und staunend
und auf dem Teich
schließt Lotos Lächeln in der Blüte ein.