4.10.20

ZICKENGOLD( Granatapfellikör/ 15%vol/0,5l/ hergestellt von Boente)

Die Flasche ist schön proportioniert und schlicht. Hinter mattem Glas leuchtet der rosig-rote Inhalt.
Beschriftung: weiße Großbuchstaben, dahinter die Silhouette eines nackten (weiblichen) Körpers, sehr schlank, die Körperhaltung, ein doppeltes S, erinnert an eine sich windende Schlange – Brust und Po raus, Bauch rein, Hohlkreuz. Auf der Brust prunkt ein goldenes Herz. Die geöffneten Arme haben ausgeformte Hände. Die Füße dagegen sind vage angedeutet.
Der Likör schmeckt ausgezeichnet.

 Zuerst las ich nur den Namen des Likörs – ZICKENGOLD – mir wurde leicht übel. Was ist denn das für eine Kombination? Eine Zicke mit goldenem Herz? Und überhaupt ZICKE, ein zickiges Weib, dass stets meckert, nie zufrieden ist, sich überaus eigenwillig präsentiert und sich von einem Mann schon gar nichts sagen lässt. ZICKE ist ein Schimpfwort.  Soll GOLD das Schimpfwort abmildern? Gold ist wertvoll und teuer. Heißt das etwa, das Zickig Sein wird von den Herren der Schöpfung erlaubt, weil das „weibliche“ Herz aus purem Gold ist und Männer auf die mütterliche Warmherzigkeit nicht verzichten wollen? Oder, vielleicht plausibler, spiegelt sich hier die ewige Ambivalenz zwischen Anziehung und Angst? Die Frage, was „Frau“ wohl ist – Geliebte, Hexe, weise Frau, Mutter oder Jungfrau? Möglicherweise soll sie auch alles zugleich sein.

Und warum hat das Wesen auf der Flasche nicht ebenso ausgeformte Füße wie Hände? Damit sie nicht weglaufen oder fliehen kann?
Automatisch denke ich an das Märchen „Die kleine Meerjungfrau“ darin verliebt sich das Meerwesen in einen menschlichen Prinzen, den sie vor dem Ertrinken gerettet hat. Für ihre Liebe ist die bereit den Fischschwanz abzulegen, an Land zu gehen und unter Schmerzen fortan auf zwei Füßen zu gehen. Auch auf ihre wunderschöne Stimme muss sie verzichten. Sie findet den Prinzen. Der erkennt seine Lebensretterin nicht und heiratet eine andere. Die Meerjungfrau muss daraufhin sterben.

Name und Gestaltung der Flasche lassen viele Fragen in meinem Kopf durcheinanderwirbeln. Auch wenn der Inhalt gut schmeckt, es bleibt der giftige Geschmack von subtilem Sexismus bei mir zurück.

Daran ändert auch der Satz auf der Rückseite nichts: „Nicht nur für weibliche Zicken“.

Gold

Das Gold der späten Sommertage, das sich in den abgeernteten Getreidefeldern verdichtet, liegt noch tief im Schlaf versunken. Nur manchmal strahlt es durch die Träume und lässt Sequenzen in einem besonderem Licht erstrahlen.

Es ist nur ein Schritt. Er scheint dir so schwer. In dir ist der Widerstand groß. Du stolperst, bist plötzlich dem Wurzelwerk näher. Und du staunst….es war gar nicht schwer. Warum musstest du so lange warten? Die Perspektive ist anders, der Blick tiefer. Proportionen im Gefüge von Zeit und Raum verschieben sich. Und plötzlich lacht es in dir: du hast den roten Faden wieder gefunden. Jetzt geh und tu. Die Zeit des Abwägens und Unentschiedenseins ist vorbei.