Corona und ich 2

…der Zeit ein Schnippchen geschlagen, augenblickelang…

1.

Erst war da dieses grüne Lächeln,
das sich zaghaft aus dem vergilbten Laub des vergangenen Jahres schälte, sich zu erheben schien,
um zu beginnen über den Dingen zu schweben,
sich hineinzuweben in Tage und Nächte,
mit einem Duft, der zunächst fein
immer mehr an Intensität zuzunehmen begann,
bis jetzt im Frühling
weder Grün noch Duft und Klang aufzuhalten sind,
um in einer grünen Symphonie zu erklingen.
Das nun strahlende Lächeln im Wettlauf mit der Sonne
weckt die letzten Langschläfer aus ihren Träumen.
Die Zeit ist reif und der Boden bereit zum Sähen.
Neues will wachsen.

2.

Ich öffne das Rollo und schau hinaus
Alles leuchtet, will in mein Herz
dort wachsen und wuchern
bestricken und becircen
wie die Knospen im Baum
die darauf warten, bald blühen zu dürfen

Ich öffne das Rollo und schaue hinaus
möchte baden im Licht
goldene Seelenwärme aufnehmen
mich wiegen im Wind
der den Baum umschmeichelt
und auch mich liebkost

Mitbringsel 4

Die Intensität von Stille hat etwas Fassbares, das  kaum mit Worten beschrieben werden kann. Es liegt darin eine essenzielle Dichte, die sich als Emotion, Farbe oder Klang darstellt. Ich wünsche uns allen, nicht nur an diesem Sonntag, dass wir lernen, welchen Wert für uns Menschen dieses Abtauchen in die Stille hat.
Selbst wenn wir äußerlich keinen stillen Platz finden und um uns herum Großstadtlärm und Gehetze ist, können wir, wenn wir sie einmal entdeckt haben – in den stillen Räume unserer inneren Landschaften regenerieren.

Wichtige Sätze

Über die Stille Wer Klang wirklich in seinen ganzen Dimensionen aufnehmen will, muss Stille erfahren haben. Stille als wirkliche Substanz, nicht als Abwesenheit eines Geräuschs. Diese echte Stille ist Klarheit, aber nie Farblosigkeit, ist Rhythmus, ist Fundament allen Denkens, darauf wächst alles Schöpferische von Wert. Alles, was lebt und dauert, entsteht aus dem Schweigen; Wer […]

über Yehudi Menuhin — Blütensthaub

Selbstbildnis 5

Die Stimme von einer Band, deren Namen ich nicht kenne, aber mein Mann, der ist aber gerade nicht da. Also kann ich ihn nicht fragen. (Ich hole das nach, versprochen!)
Er, mein Göttergatte, hörte die Musik heute Nachmittag, als ich von der Arbeit nach Hause kam und eine kreative Pause am Computer einlegte. Merkwürdige Musik für einen grauen, verregneten Nachmittag mitten im Sommer. Soweit ich mich erinnere, kommt die Stimme mitsamt der Band aus Island.Ich sah schon mal den dazugehörigen Film. Besonderheit: eine Gitarre, die mit einem Geigenbogen gespielt wird.
Spontan hatte ich folgende Assoziationen, die ich auch sogleich notierte, ja, es war mir ein echtes Bedürfnis, den Versuch zu unternehmen, mit Worten eine Stimme zu beschreiben:
Wie kalt es sein muss im Schneeköniginnenpalast. Gänsehaut! Die Stimme ist dünn und glassplitterklar. Von einem körperlosen Wesen könnte sie stammen. Stimme und Körper bringe ich nicht zusammen. Frost, der sich langsam auf allem Lebendigen ausbreitet, sich einbrennt, Lebensenergie saugt und konsequenterweise alles Lebendige zu verschlingen weiß. Die Stimme ist gespenstig, nicht von dieser Welt. Immer spitzer wird ihr Klang – Eiskristalle, Glassplitter, Elfenglöckchen mit einem Nachgang von sibirischen Schlittenhundengeläute – bis er nach und nach, es dauert eine Ewigkeit, erstirbt – und vor meinem inneren Auge ein Friedhof im Schnee mit verfallenen Holzkreuzen auftaucht. Die Totenglocken sind schon vor langer Zeit verklungen. Hier herrscht Totenstille und eine schmerzhafte Traurigkeit.
Ich frage mich, warum ich so fasziniert bin von dieser Stimme, diesen Klängen und der körperlosen Traurigkeit, die ich eher spüre als höre, frage mich, was berührt wird in mir, welche Seite da zum Klingen gezupft wird?
Ich weiß von meinem inneren Friedhof mit den verlassenen Gräbern, den ich nur ab und zu besuche, um nicht zu vergessen, dass ich aus Erde gemacht bin und zur Erde zurück kehren werde. Vielleicht liegt darin der Schlüssel zu meinem Berührtsein. Ich fühle mich hingezogen und abgestoßen zugleich.
das Album „Inni“ von Sigur Ros

don´t be afraid in the dark

so ist das also:
ich habe das geschenk verstanden
den wert erkannt
den sinn dahinter erfasst
„don´t be afraid in the dark“

ich schenke dir einen ton, einen klang
die ahnung einer melodie

höre, lausche, lass ihn klingen, den ton
schallwellen versenden, ausklingen
sei ganz still
und dann

wenn du seine fülle in dir aufgenommen hast
stimme ein, schwing mit
lehne dich an, lass dich mitziehen
gib einen neuen ton an, lass ihn führen
einklang, mehrklang
was soll dir schon geschehen
harmonien entstehen im sensiblen spiel
zwischen dir und mir
niemals bist du allein, so aufgehoben

als sei ein engel neben dir

SONNE

 

Kosmische gelbhäutige Göttin
Klang singend erscheinst du
an der Nahtstelle zwischen Tag und Nacht

Hell berühren  deine  Strahlen das Sonnengeflecht
Dein pulsierender Organismus  tastet sich vor
in schattige Ecken und Dunkelkammern der Welt
Du siehst, was in der Ferne geschieht
und was sich im Inneren verbergen will
du modellierst die Welt
schenkst Schönheit ohne Unterschied
auch Runzeln, Furchen, Schatten
Was du berührst verwandelt sich.
Sanfte Helligkeit  lässt wachsen und  erblühen
Sengende Hitze  verbrennt uns und lässt verdorren.

 

Lichtblicke

eingefangen für einen Augenblick
in dem es still wird und die Worte schweigen
manchmal nur
möchte ich deine Stimme wieder hören
in Klang und Dichte
Schwingung spüren und Resonanz


steingesicht.jpg

 

So erinnere ich mich an dich, und freue mich darüber, dass ich hier überall Stimmen höre-andere zwar-aber auch sie Schwingung und Resonanz. Dass ich dafür wieder offen bin, das will mir beinahe wie ein Wunder erscheinen.
Ruhe in Frieden. Unsere Lichtblicke bleiben unvergesslich.