Am Abgrund

Das Leben hat sich in zwei Zeiten geteilt. Marie sah das Vorher, in dem alles möglich schien und das Nachher, in dem alles begrenzt war. Wie eng ihre Welt doch geworden war. Das Dazwischen, in dem sie ihre Träume verloren hatte, begann sie gerade erst langsam zu verstehen. Der todesähnliche Schlaf, der sie gnädig in die Arme genommen und gewiegt hatte, so wie Mütter ihr Kind trösten, wenn es weint und sich nicht selbst beruhigen kann, nahm wohl allen Schmerz von ihr und verdrängte die Trauer.
Jetzt, wo Marie plötzlich wieder an den Rand des Abgrundes zwischen Vorher und Nachher denkt, an dem sie gestanden haben muss nach jenen Ereignissen, wird ihr klar, dass sie damals wohl hatte sterben wollen. Soviel gewagt, das Leben aufs Spiel gesetzt und doch alles umsonst und verloren.
Das Kind zwischen ihren Knien regte sich und erwachte aus seinem Schlaf.
„Wie gut, dass ich das Kind wieder gefunden habe“, denkt Marie dankbar, “ jetzt bin ich nicht mehr allein. Ich habe etwas, für das ich sorgen muss, wenn es mir gut gehen soll.“

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