Wohnküche
Wohnküche
Heute habe ich die Wohnküche geschrubbt. Zum Glück brauche ich sie nicht zu renovieren. Sie ist schön mit den blau-weißen Fliesen an der Küchenzeilenwand. Die restlichen Wände sind vom Vormieter erst vor kurzem gekalkt worden. Ich habe Brot gebacken, und das ganze Haus riecht nach frischem Brot. Ich knabberte schon an der Kruste, wie ich es als Kind tat, wenn ich morgnes zum Bäcker geschickt wurde, um das Brot zu holen.
Die Küche hat eine Tür zur Terasse. Die habe ich gerade geöffnet. Ein frischer Wind weht herein und sagt . „Guten Tag!“ Er ist neckisch drauf und bläst mir eine Gänsehaut auf die Arme. Ist halt frisch am Abend. Er hat mir aber noch etwas anderes erzählt, nämlich, dass in diesem Haus vor Urzeiten eine Märchenerzählerin gewohnt hat und dass irgendwo im Haus von ihr noch Notizen sein müssen. Na, da werde ich mich bald mal auf die Suche machen. Im Haus einer Märchenerzählerin bin ich goldrichtig, und damit ihr das auch glaubt, kommt jetzt gleich noch was, muss mal gerade suchen. Tschüss, bis später!
Tage vergehen…
Jetzt bin ich schon eine Weile hier. Ich habe fast alle Räume des Hauses, das ich noch nicht „MEIN“ nennen mag, kennen gelernt, seine Größe ermessen, überlegt, wo ich mit dem Einrichten beginne. Bisher bewohne ich nur das Dachzimmer mit dem weiten Ausblick über Garten, Feld und Wald und die große Wohnküche.
In die Ecke mit den bunten Kissen habe ich mein Bett gebaut, daneben ein ausgemustertes Bücherregal vom Flohmarkt gestellt. Ich kann mich noch nicht entscheiden, wie ich es einmal anstreichen werde. Einige Bücher, Notizhefte, CD´s und Zeitschriften liegen darin.
Jetzt wo ich Zeit habe und nichts mich drängt, stehe ich oft am Fenster und schaue dem Tag dabei zu, wie er vergeht, wie das Licht sich verändert, die Wolken ziehen, wann die Vögel im Garten sich ums Vogelhaus scharren und eine rotgestreifte Katze auf Beutezug geht.
Vor drei Wochen war noch Winter, jetzt sind die Tage länger geworden, und Frühling liegt in der Luft. Gestern zogen Kraniche über das Haus.
Ich habe noch einen Rest Rosentapete. Damit werde ich die schmale Fensterwand tapezieren. Die Küche ist noch fast leer. Ein paar wichtige Utensilien, etwas Geschirr, bunt zusammen gewürfelt, ein quadratischer Holztisch mit zwei Stühlen, meine Lieblingstopfpflanzen und ein Kühlschrank mit abgerundeten Ecken habe ihren Platz gefunden.
Im Raum nebenan, der eine Art Salon werden wird, möchte ich mir heute ein erstes Bild aufhängen. Das Bild ist Blau, wie so vieles, das ich gern habe, denn Blau ist für mich ein Lebensgefühl. Ich liebe es in allen Nuancen. Eine ganze Galerie aus blauen Schattierungen wird dort entstehen.
Sparsam sind kleine Akzente in Weiß, Schwarz und in Gelb ins Bild gesetzt. Ich sehe Wasser und Himmel, die ineinander übergehen. Es zeigt einen Hafen an Fluss oder Meeresbucht. Kleine Boote schweben auf dem Wasser. Ihre Lichter spiegeln sich darin. Am linken Rand sehe ich ein wolkenartiges Gebilde in Dunkelblau-Schwarz. Es könnte eine Trauerweide auf einer winzigen Insel sein.
Ich liebe Flusslandschaften und das Meer, mag mich gern in den Wellen des Wassers für Augenblicke verlieren. Wind und Wellen nehmen meine Gedanken mit und singen mir Lieder.