Er war ihr Turm, der sichere Hafen, ein Fels in der Brandung. Sie wollte es so, damals, fühlte sich selbst so klein und schwach. Der Turm war groß, schön, stark. Sie knipste ein Bild von ihm und hielt daran fest. So sollte es bleiben für immer und ewig, mindestens ein Leben lang. Sie merkte nicht, wie sie wuchs und wuchs, erstarkte, wie ein Baum mit Verästelungen, die den Turm umschlangen, ihn einengten, begrenzten, hielten. Hinter dem Netz aus Lianen bröckelte der Putz. Sie kittete hier, stabilisierte da, goss Lebensenergie ins Fundament. Doch er wankte. In tausend Stücke zerbrach der Turm. Fast zu spät zog sie ihre Fangarme zurück. Sie torkelte, verlor den Boden unter den Füßen für eine Weile.
Die Arme, die sich sehnten zu umfangen, zu stützen und zu halten, blieben leer und in die Leere der Tage nahm Stille Platz. Einatmen, ausatmen, nichts, lange nichts.
Während sie sich selbst umfing, und sich der nährenden Stille anvertraute, bis das Draußen wieder an ihre Ohren drang, sie den Wind spürte, die Sonne, den Alltagslärm hörte und ihre eigenen Wort, die aus der Stille wuchsen.
Es waren die Worte, die erlaubten, die Bruchstücke aufzusammeln und neu zusammen zu setzen, bis der Turm wieder stand- nicht mehr so stark, alt geworden, mit Rissen und Rillen- Abstand haltend, sich selbst liebkosend, wieder bewusst der eigenen Kraft. Frei!