Kahl, die Bäume am Straßenrand
sich reckend ins Himmelsblau
so kühl nach der Mondsichelnacht
ein verlassenes Nest in den Zweigen
unter denen ich schreite
mit immer gleichen Schritten in alten Spuren
Was bleibt ist ein Gedicht
Kahl, die Bäume am Straßenrand
sich reckend ins Himmelsblau
so kühl nach der Mondsichelnacht
ein verlassenes Nest in den Zweigen
unter denen ich schreite
mit immer gleichen Schritten in alten Spuren
Was bleibt ist ein Gedicht
Spuren im Sand
Was bleibt, wenn ich gehe?
Was birgt der Sand als unsichtbares Luftzeichen?
Wem oder was drücke ich einen Stempel auf?
Wenn nichts bleibt von mir
wer wird sich erinnern?
Hügel aus Sand, Muschelreste, Hundepfoten, Spuren
KLEINE Berge, noch geschützt vom heranrollendem Meer
es kommt immer auf die PERSPEKTIVE an
Liebe Marie,
etwas erstaunliches ist geschehen: heute Morgen war ich so unruhig und ganz hoffnungslos – wie soll ich auch die Stecknadel im Heuhaufen finden – und jetzt, nachdem ich ein wenig geschlafen habe, gehts mir viel besser. Ich träumte vom Meer. Es war warm und smaragdgrün. Ich schwamm weit hinaus und sah eine rote Insel – schemenhaft zeichnete sich eine dunkle Bergkette ab. Plötzlich war eine Nixe neben mir. Sie flüsterte mir ins Ohr: „Finde Clarisse.“
Ihre Stimme war perlend und hell, wie eine unterirdische Quelle und die grünen Haare ringelten sich wie frisches Seetang um ihren schmalen Kopf. Ich wollte weiter schwimmen, aber sie griff an meine Schulter und gebot mir, zurück zu kehren aus meinem Traum.
Ich bin aufgestanden und in die Küche gegangen. Dort in der Schublade oben rechts, das weiß ich noch, liegt dein grünes Adressenbuch.
liebe Grüße, Claire
Tag 1
Liebe Marie,
ich werde mich in deine Wohnung begeben. Dort mitten im Wintergarten findet sich die Hängematte. Oft haben wir zusammen darin gelegen – Seite an Seite. Wir haben uns aufregende und fantastische Geschichten erzählt von warmen fernen Ländern, von Flaschengeistern, Wassernixen und Korallenriffen. Unsere Haare vermischten sich, während wir flüsternd kicherten. Manchmal döste ich ein, und du wecktest mich mit Kaffee und diesem besonderen Gebäck. Weißt du noch, viel Schokolade war darin und ein Hauch von Orange.
Wir hatten Zeit. Uns gehörte noch die ganze Welt, und wir waren unzertrennlich. Zwischen uns gab es kein Geheimnis. Mit leuchtenden Kerzen und leiser Musik läuteten wir den Abend ein, feierten den Tag. Manchmal blieb ich bis morgens – schlief in der Hängematte. Inselträume zogen wie Karawanen durch meine Nacht. Und immer – bevor ich einschlief – streicheltest du mich sanft, so wie nur eine Freundin es kann – Ersatz für eine Mutter, die ich nie gekannt hatte – und du hast vorgelesen. Deine Stimme klingt immer noch in meinen Ohren. Wusstest du damals schon, dass etwas besonderes auf dich wartet?
Ich will dich finden, Claire
In das graue Einerlei mit den weinenden Himmeln
will ich türkisfarbene Horizonte zeichnen
und Wellen goldene Schaumkronen aufsetzen
in die leeren Muscheln vergessener Strände
lege ich rosa Perlen, die von innen leuchten
auf dem Weg zwischen heute und morgen
sehe ich Verworrenes sich entflechten
Verknotetes gibt nach und löst sich aus der Erstarrung
aus dem Nebel schälen sich Konturen
und winzige Spuren von Farbe, die sich ausbreitet
Spiralförmig will ich mich hinaus schrauben aus vergangenen Tagen
die ihren Glanz nicht länger verborgen halten wollen
Du kannst wählen:
Mitgehen oder Dableiben, Glauben oder Zweifeln
es ist stumm hinter den hecken
in diesen tagen
die noch winter tragen
und den frühling ahnen lassen
weich segeln wolken am himmel
der täuscht in seinem blauen gewand
auf dem verwaisten platz in der mitte
noch spuren vom magischen kreis
dort
wo das ICH mit dem DU
einst flüsterte und raunte
verflochtene zweige nur
und dornen, die blicke abweisen
um ihr geheimnis zu wahren
den weg gehen
suchen
etwas finden – gefunden werden
zufällig oder
vom schicksal bestimmt
mit den füßen durch den heißen sand laufen
spüren
unter den sohlen das land
die struktur
den fels
die erde
spuren eingeprägen
ein wachsen nach innen
körperlandschaften
vermessen und aufgezeichnen
eingescannt
neue räume
beherzt beschreiten
seelenweit
Sommer 2006
ein Meer aus Sand
und endlose Weite
Raum für mich
um den Spuren zu folgen
in mir
und Gezeiten zu lauschen
mit wachen Sinnen
Intuition
und dem Licht
im Herzen
(Sommer 2006)
ich vertraue
und folge seinem Ruf
Über dem kahlen Geäst
reihen sich Wolken dicht an dicht
es hat weder Tag noch Nacht
dem Winter hellen Schnee gebracht
unter den Bäumen im Gras
malt der Frühling schon Spuren
und in den dunklen Schatten
spazieren Amseln eifrig und flink
es ist noch Zeit zum Reifen und Wachsen
Die tiefen Falten auf deiner Stirn
haben bessere Tage gesehen
Rosarote Brillen verrutschen
wollen den Blick nicht mehr versüßen