Singen und Klingen
tanzend die Zeit vergessen
unter den Bäumen
diesen Herbsttag genießen
in vergänglicher Fülle
Und sich eins fühlen
mit Wasser, Luft und Erde
dem roten Feuer
das lebhaft in dir lodert
und dich stetig voran treibt
Singen und Klingen
tanzend die Zeit vergessen
unter den Bäumen
diesen Herbsttag genießen
in vergänglicher Fülle
Und sich eins fühlen
mit Wasser, Luft und Erde
dem roten Feuer
das lebhaft in dir lodert
und dich stetig voran treibt
und singe
wie die amsel im apfelbaum,
bevor die sonne unterging
während ein blatt golden im wind
zu boden schwebte
und mein herz warm wurde
im letzten licht
und ich mich öffnete dem großen Gesang
in dem alles zusammen klingt
Sag wo!
In der Stadt nicht,
nur leise manchmal ein Säuseln
als würden sie sich schämen und ducken
ihrer Sprache beraubt, immer auf dem Sprung
so eingezwängt zwischen Häuserzeilen warten sie
nur Geschichten singen sie nicht.
Großer Atem
Mutter Erde
schenkt mir einen Ton
der lange klingt
so lange
bis ein andere Ton sich befreit
um mit mir zu klingen
zu singen
als Geschenk und Segen
an die Nacht und ihren Schutz
in der sich Leben entwickelt
und in den Tag hinein wächst
auf schwankenden boden schwanke auch ich
wenn ich falle, fällt alles mit
bin mein mittelpunkt, kern einer zelle
über festen boden tanz ich federleicht
dreh pirouetten, hüpfe, springe
auf alten wegen sing ich neue lieder
auf neuen klingt vertrautes mir entgegen
Morgen wird im Bloghaus Geburtstag gefeiert, und wahrscheinlich ist schönes Wetter, so dass ich den noch ziemlich wilden Garten zum Grillen nutzen kann, und übermorgen fliege ich ins Chorwochenende. Lieder flattern in meinem Kopfe, Töne wollen gesungen werden. Es klingt und schwingt. Grüne Lieder werden wir singen und die Musik wird in uns schwingen. Eine Stimme zu sein zwischen vielen anderen, ist etwas Wunderbares. Da fühlt sich niemand entzweit, und die Vorstellung davon, dass alles miteinander verbunden ist, wird greifbar.
Übrigens, wenn ich jetzt aus meinem Dachfenster hinaus schaue und den Blick über Garten, Wiese, Feld und Wald streifen lasse, sind da unzählige Schattierungen von Grün und dazwischen weiß, gelb und rosa. Es ist jedes Jahr aufs Neue ein Wunder und traumhaft schön, wenn der Frühling endlich Einzug gehalten hat.
Die Vision
Musik regnet auf Lisa-Lena hernieder, umschmeichelt sie, fängt den Geist ein und lässt ihn nicht mehr los. Die Töne und Klänge sind wie Wellen und Wind; wie Sturm und Orkan oder Frühlingsbrise. Tief taucht sie in die Klangwelt hinab, sinkt bis zu ihrem Grund. Mit jedem Atemzug, den sie nimmt, nähert sie sich mehr ihrer Mitte. Klingende Luftbläschen atmet sie aus. Leicht geworden wie ein Feder lässt sie sich tragen vom klingenden Ozean aus feingewebten Stimmen.
Es wird immer heller um sie herum, bis sie mitten im Licht steht, nein schwebt.
So war es bisher immer, wenn Lisa-Lena sich mit ihrem Chor getroffen hat, um zu singen und zu tönen. Doch was sie heute erlebt, ist so überwältigend und neu, dass ihr fast der Atem stockt. Schon will sie scheuen, denn sie fürchtet im vollen Galopp an der unsichtbaren Wand aus Glas zu zerbersten. Sie, die Suchende, sieht sich nun inmitten der vielen Gesichter, die sich um sie herum formiert haben. Wo ist die Mauer geblieben? Gab es sie je? Alle Gesichter sind gelöst und die Augen auf sie gerichtet. Seltsamerweise verspürt sie heute keinen Impuls, sich so schnell wie möglich hinter den anderen zu verstecken. Wärme geht von den Menschen aus, in deren Kreis sie steht. Da ist nichts was sie fürchten muss.
Plötzlich hört sie sich selbst. Aus ihren tiefsten Tiefen bahnt sich ein Ton seinen Weg. Wie eine weise Schlange schlängelt er sich durch die Eingeweide, passiert Kehle und Gaumen, verlässt als rundes Mond-O ihre Lippen und bringt ihren ganzen Körper zum Schwingen. Der Ton brandet die Haut, dringt durch jede Pore hinaus. Schallwellen teilen sich mit. Der Ton führt jetzt an, gibt die Richtung vor, wird zum Wegmailer, an dem sich die anderen Stimmen ausrichten. Er vermählt sich mit den anderen Tönen, wandert eine Weile mit ihnen auf dem gleichen Weg, biegt dann ab, taucht unter, schwingt sich hinauf. Immer höher und weiter. Der Ton bekommt Flügel, erklimmt einen hohen Felsen, kehrt zurück, lockt, säuselt, wispert, raunt wie eine Quelle. Er schreit, tobt, weint und flüstert.
Lisa-Lenas Ton singt ein Solo, springt in die anderen Stimmen hinein, streitet mit ihnen, versöhnt sich wieder, dirigiert, gibt den Takt vor, nach dem die Körper tanzen. Das Solo löst sich im Klangmeer auf, auf dessen Wellen die Möwen schwimmen und in dem sich der Himmel spiegelt.
Der gemeinsam erschaffene Klangozean berührt die Herzen und streichelt die Seelen. Tränen fließen.
Alle menschlichen Chor-Stimmen werden zum einzigartigen Musikinstrument. Etwas Neues entsteht:
Auf einer silbernen Wasserfläche verdunsten die Töne zu luftiger Essenz, mischen sich mit Licht, Wolken und Sphärenklang und segnen von weit oben die Erde.
Es ist vorbei!
Lisa-Lena stoppt in der Bewegung, wirkt mit den geschlossenen Augen für einen Augenblick wie erstarrt und eingefroren. Sie nutzt die entstandene Stille, um in sich hinein zu spüren, dorthin wo die Klänge noch nach-und langsam ausschwingen. Kleine Glücksfunken stieben durch Adern und Venen. Dankbarkeit breitet sich aus. Der Applaus trifft sie unvermittelt. Sie zuckt zusammen, öffnet die Augen und bewegt sich. Der Chor umringt sie. Hände verbinden sich. Arme wiegen mütterlich Körper. Es wird gelacht, geweint, geschwiegen. Ganz sanft lösen sich die Menschen voneinander, kehren zu sich selbst zurück in ihre eigenen Grenzen.
Erst jetzt nimmt Lisa-Lena wahr, wie verschwitzt sie ist. Sie lächelt, weil ihr nun bewusst geworden ist, dass Mauern aus Luft sein können und manchmal nur im Kopf existieren.