Grau, der stille See
mit den winzigen Wellen
die leise gleiten
im Windstoß rieseln Blätter
treffen auf Wellen, kreisen
See
am see
ich lese im letzten licht
und zähle fallende blätter
das weiche moos liegt grün und still
in einen hohlen stamm
hat jemand dein zeichen gemalt
der wind weht worte übers wasser
in der hecke wispern stimmen
für „Der Dienstag dichtet“
Ein Korb mit bunter Wolle
Darf ich mich vorstellen? Ich bin Madame Lillac und nicht mehr ganz jung. Seit dreißig Jahren lebe ich hier in Bubendorf, einem südlicher Vorort von Karaman. Vor der Haustür beginnt das Grün. Kurze Wege führen zu einem See, in den Wald oder vorbei an Feldern und Wiesen. Die Landschaft ist flach, deshalb benutze ich auch gerne und oft mein Fahrrad um vorwärts zu kommen.
Gestern fand ich ja den Korb mit Wolle vor meiner Tür und war überrascht und aufgeregt zugleich. Ich entdeckte unter dem Zettel: „Strick eine Geschichte aus mir.“ ein großes Wollknäuel in meinem Lieblingsblau und gleich waren die Bilder da. Ein kleines Binsenboot schaukelte auf den Wellen eines tiefen Ozeans.
Allerdings gelang es mir nicht, in das Boot hinein zu schauen. Unentwegt schaukelte es auf den Wellen. So beschloss ich, mir den Inhalt des Korbes näher anzusehen. Ich fand kleinere und größere Wollreste in allen Farben, die das Leben so annehmen kann. Eine gute Voraussetzung, um eine Geschichte zu stricken. Etwas aber fehlte noch. Ich kramte in alten Notizen, schaute mir Fotos an und erledigte zwischendurch die alltägliche Hausarbeit. Irgendwann nach Mitternacht ging ich schlafen.
In der Nacht träumte ich von dem Boot. Ich hörte Möwen schreien und sah aus den Wellen einen blauen Wal auftauchen. Er tauchte auf und ab, blieb aber immer in der Nähe des Bootes. Als ich am nächsten Morgen aufwachte war ich gut gelaunt und wusste, die Geschichte wird weiter gehen. Ich traf eine Entscheidung: „Ich werde herausfinden, wer mir den Korb vor die Türe gestellt hat.“
Mitbringsel 2
Über dem See liegt Nebel. Wo er sich lichtet, lässt sich ab und zu einen Blick auf das andere Ufer erhaschen. Lichtfunken zaubert der junge Morgen zwischen die dichten Schlieren. Was der Tag wohl bringt?
Zwischen Nebeln und Wolken liegt ein Versprechen: du Tag wirst mich nicht verletzen. Einen heilsamen Zauber wirst du wirken.
In den Tautropfen, die wie Perlen am Schilf kleben, fängt sich Feuer. Schemenhaft in der ferne Baum und Haus. Kein Hauch kräuselt das Wasser. Ich spüre Stille in mir. Gedämpft dringen Rufe an mein Ohr, doch nur ich suche mich heute.