8.2
Mein liebster Traumtänzer,
hast du schlechte Laune?
Bist du genervt?
Die Möwe, unser heimlicher Bote, kam schnodderig zurück. Sehnst dich wohl zurück in dein Schneckenhaus, hm?
Und kannst doch den vielen geöffneten Türen nicht widerstehen.
Verstehe ich, geht mir manchmal auch so. Heute ist Schietwetter, kalt und nass – es kriecht regelrecht unter die Haut und lässt frösteln.
Ich war eine Weile draußen, plauderte mit dem Briefträger – harter Job bei diesem Wetter.
Am Morgen stand ich am Fenster und schaute hinaus – es regnete ohne Unterlass, und zwischendurch fiel Schnee. Meine Hände waren ungeduldig, wollten Beschäftigung, also faltete ich lauter kleine weiße Segelschiffe.
Eben nun klingelte es an der Haustüre, und das Nachbarkind besuchte mich – ein schüchterner Fünfjähriger, der gerne Geschichten hört.
Da kam mir eine Idee: ich zog Gummistiefel an. Zusammen gingen wir in den Regen, ließen die kleinen Segelboote in den Pfützen schwimmen und taten so, als seien wir gefährliche Piraten, die in einen Sturm geraten sind.
Es dauerte nicht lange, und wir waren durch und durch nass.
Schnell wieder ins Haus, gut abgetrocknet und heiße Schokolade gekocht.
Ein paar Reste Weihnachtsplätzchen fand ich am Grunde der Blechdose mit den zierlichen Engeln. Sie schmecken noch sehr gut und duften nach Anis und Zimt. Wir hatten viel Spaß miteinander, der Junge und ich.
Dann holte seine Mutter ihn ab, ich legte die Beine hoch, entzündete Kerzen. Nun denke ich mir den Brief an dich aus.
Aus dem CD-Spieler klingt Opernmusik – Arien, und alles ganz laut.
Mein Fuß hat sich gut erholt.
Wenn das Wetter morgen trocken ist, geh ich aufs Seil, Aurora