8.10.20

Der Weg durch den Park
grüner wirken die Bäume nach dem langen Regen
Rot zeigt sich im Laub, Gelb weicht zurück
es war noch nicht dran

Auf dem Elektrohochmast
schilpen ungezählte Vögel
so klein von hier unten, schwarze Punkte nur
ob sie sich sammeln für die Reise gen Süden?

Meine Gedanken ziehen  mit dem Wolken weg  vom herbstlichen Augenblick, denken  an einen leise, leise…
der nicht mehr da ist, schon eine Weile und dessen Stimme ich vermisse.

Aurora, die auf dem Seil tanzt 6

8.2

Mein liebster Traumtänzer,

hast du schlechte Laune?
Bist du genervt?
Die Möwe, unser heimlicher Bote, kam schnodderig zurück. Sehnst dich wohl  zurück in dein Schneckenhaus, hm?
Und kannst doch den vielen geöffneten Türen nicht widerstehen.
Verstehe ich, geht mir manchmal auch so. Heute ist Schietwetter, kalt und nass – es kriecht regelrecht unter die Haut und lässt frösteln.
Ich war eine Weile draußen, plauderte mit dem Briefträger – harter Job bei diesem Wetter.
Am Morgen stand ich am Fenster und schaute hinaus – es regnete ohne Unterlass, und zwischendurch fiel Schnee. Meine Hände waren ungeduldig, wollten Beschäftigung, also faltete ich lauter kleine weiße Segelschiffe.
Eben nun klingelte es an der Haustüre, und das Nachbarkind besuchte mich – ein schüchterner Fünfjähriger, der gerne Geschichten hört.
Da kam mir eine Idee: ich zog Gummistiefel an. Zusammen gingen wir in den Regen, ließen die kleinen Segelboote in den Pfützen schwimmen und taten so, als seien wir gefährliche Piraten, die in einen Sturm geraten sind.
Es dauerte nicht lange, und wir waren durch und durch nass.
Schnell wieder ins Haus, gut abgetrocknet und heiße Schokolade gekocht.
Ein paar Reste Weihnachtsplätzchen fand ich am Grunde der Blechdose mit den zierlichen Engeln. Sie schmecken noch sehr gut und duften nach Anis und Zimt. Wir hatten viel Spaß miteinander, der Junge und ich.

Dann holte seine Mutter ihn ab,  ich legte die Beine hoch, entzündete Kerzen. Nun denke ich mir den Brief an dich aus.
Aus dem CD-Spieler klingt Opernmusik – Arien, und alles ganz laut.

Mein Fuß hat sich gut erholt.
Wenn das Wetter morgen trocken ist, geh ich aufs Seil, Aurora

Fazit am Abend 1

Sind Regentropfen Tränen
die gesammelt in den Meeren
steigen hoch mit ihren Klagen?
lassen wütend regnen
des einem Fluch, des anderen Segen

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Frag mal die Wolken, wessen Klagen endlos Tränen weinen
Triefend nass steht bald Frau Leid in einer Pfütze vor der Tür
will keinen Sommer mehr ertragenmit Farben, Licht und Sonnenschein

Die Freude ist ihr ausgegangen
Nun will sie nur noch Dauerregen

Rosenzeit 2

Sehr verehrte(r) Flores,

ich danke für die überraschende Antwort und trete einen Schritt zurück: hat mich doch neulich – quasi – der Gefühlsüberschwang überrumpelt.
Verzeihen Sie einer Dame mit romantischer Seele ihre Schwärmereien. Gut, dass meine Zeilen sie dennoch erfreut haben, und ihr Tag in meinen Gärten ihnen ein paar besondere Einsichten vermitteln durfte. Ja, im Augenblick ist alles im Aufbruch – es explodiert in Fülle und Pracht. Besitzen sie etwa einen besonderen Draht zum Universum? Gerade schrieben sie noch vom ausbleibenden Regen und der beginnenden Trockenheit, und schon benetzt einsetzender Regen Feld und Flur – ein Durchatmen zieht durch meine Stadt, und die Pflanzen in den himmlischen Gärten richten sich auf. Sicher verstehen sie, wenn ich Ihnen erzähle, wie froh ich über die Tatsache bin, dass meine Rosen gerade erst begonnen haben zu blühen. So konnte der Regen ihnen noch nicht alle ihre Blütenblätter rauben.
Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören. Und wenn Sie wieder einmal Lust haben, einen Garten zu sehen, besuchen Sie mich in meiner Rosenlaube. Ich lade Sie ein zu Tee und Gebäck. Vor Ort können wir dann weiter über diese so einzigartige Rose philosophieren. Wissen Sie – die Eine – die Besondere, die in deren glutroten Blüte ich von den Worten träumen möchte, die hinter dem Steinwall unsere Geschichte – die gerade erst beginnt – auf Purpur schreiben. Der Duft dieser Worte umweht mich bereits wie ein seidener Schal.

Herzlich – Bela von Rosenhaag