„Was für ein merkwürdiger Traum.“ denkt Frau Lillac, während Traumfetzen an ihrem inneren Auge vorbei düsen. Sie spürt noch das großartige Gefühl innerer Befreiung, als das Himmelsleuchten am Ende des Traumes in jede Pore ihrer Haut eingedrungen war und sie mit Licht und Liebe bis zum Rand ausgefüllt hatte, bis sie selbst zu leuchten begann. Rundum erneuert, als hätte eine höhere Macht ihren Körper recycelt, so frisch fühlte sie sich beim Aufwachen. Und sie hörte noch die warme, wohltuende Stimme , die in ihr Ohr flüsterte, während ein warmer Wind sie sanft streichelte:
„Ausreisen, du wirst ausreisen.“ prophezeite die Stimme.
Frau Lillac kostet diesen Satz. Er schmeckt süß und hat im Abgang etwas Bitteres.
„Wohin soll ich denn ausreisen? Was meint die Stimme?
Plötzlich denkt sie an MARIE, ihre Freundin aus Kindertagen. An einem Morgen hat diese die Haustüre hinter sich geschlossen, ist zum Hafen gegangen und mit einem Fischerboot aufs Meer hinausgeschwommen. Sie folgte einer Traumstimme, die sie zu einer fernen Insel und einer besonderen Aufgabe schickte. MARIE blieb lange verschollen. Monate später fand FrauLillac sie in der städtischen Klinik wieder. MARIE lag im Koma, aus dem sie als eine Veränderte erwachte. Nie erzählte sie von ihren Erlebnissen auf der Insel, aber eine Weisheit strahlte von ihr aus, die jeden in seine Tiefe zu führen vermochte, der ihr begegnete. Sie sei nicht mehr von dieser Welt, hatten einige Bekannte gemeint.
„Wenn jemand seinem ganz eigenen Weg geht und gegen den Strom schwimmt, wird dieser Jemand nicht immer ein Stück weit sonderbar wirken?“ fragt sich Frau Lillac und springt aus dem Bett.
Die gewohnten Gedankengebäude zu verlassen, über den Tellerrand zu hüpfen wäre eine Art Ausreise für sie. Wolte sie das nicht schon lange?
Liebe
Festgenagelt
Es ist früh am Abend und dämmert bereits. Durch das geöffnete Fenster weht der Wind herein und bewegt die Gardinen, die dich nicht vor meinem Blick verstecken können.
Du hast heute lange am Schreibtisch gesessen, Emails gelesen und in Texten gestöbert, ein bisschen in Foren geschrieben, Bilder angeschaut. Hin und wieder hast du die Stirn gerunzelt, so als habe dir jemand über das Internet Verwerfliches und Ungestümes oder Unerwartetes zu geflüstert. Du hebst den Blick, schaust hinaus aus dem Fenster ohne zu sehen, lauscht dem Rascheln der Herbstblätter im Ahorn. Wenig später, du hast den Kopf wieder gesenkt, huscht ein Lächeln über dein altes Gesicht.
Bestimmt liest du gerade meine Zeilen und ahnst von dem, was ich dir auf keinem Fall verraten werde. Vielleicht aber liest du auch die herzerwärmenden Zeilen einer anderen Frau, die du sanft und zärtlich mit deinen Worten eingefangen hast und die dir jetzt zu Füßen liegt.
Langsam stehst du auf. Die Beine sind steif geworden, der untere Rücken schmerzt. Du drückst den Rücken durch, weitest die Brust und legst die Handaußenflächen in die Nierengegend. Mit ein paar tiefen Atemzügen trotzt du dem Schmerz. Die warmen Hände entspannen den Rücken. Noch ein tiefer Atemzug, der sich beinahe wie ein Seufzer anhört, dann drehst du dich um, richtest den Blick auf die Landkarte, die da vor dir an der Wand hängt und auf der bunte Nagelköpfe ein Muster hinterlassen haben, an manchen Stellen dicht gedrängt, an anderen weit gestreut.
Auf einem hellen Kiefernschränkchen daneben steht die Blechdose mit den Nägelchen. Bedächtig wählst du eines mit blassblauen Kopf. Du suchst eine Stelle auf der Landkarte und stichst zu. Jetzt ist es fest genagelt und aufgesspießt.
Was in dir vorgeht, spiegelt sich in deinem Gesicht: einerseits spürst du Triumph, denn wieder hast du es geschafft, eine mit Worten in dich verliebt zu machen. Andererseits will der schale Geschmack im Mund nicht weichen.
Immer folgt es dem gleichen Muster, du weißt es längst, nichts Überraschendes geschieht. Nicht einmal, wie es enden wird bleibt ungewiss.
Dabei wünschtest du dir immer nur eines, dass da eine kommt, die dich mütterlich in die Arme nimmt und mit bedingungsloser Liebe deine Wunden heilt.
Und käme da wirklich eine, die ernst macht, mit dem was du wünscht, du würdest es nicht aushalten können und sie in Stücke zerreißen müssen.
In Gedanken…
Liebe, mir unbekannt gewordene Freundin,
jetzt wo der Schnee fällt und alles Harte und Schmutzige versteckt, denke ich an dich, frage mich, in welcher Welt, fern von mir du inzwischen unterwegs bist? Ich vermisse dich. Ja, ich hätte wieder telefonieren können, aber mir sind die Worte ausgegangen – eher eingefroren, erstarrt – die mir hätten helfen sollen, die Brücke zwischen uns zu restaurieren. Wie mag sich dein Leben anfühlen, allein und gefangen zwischen Funktionalität, schwarzen Gedanken und schlaflosen Nächten? So wie es gerade hier in Köln schneit, kann ich mir vorstellen, dass du schon fast eingeschneit bist. Mein Gedanken an dich sind durchzogen von Liebe und Segen. Möge der Schnee deine dunklen Gedanken heller und freundlicher machen, und dir mit seiner Stille die Ruhe schenken, die dir hilft zu überleben, deine Lichtbringerin
Bin ich traurig? Nein, eher melancholisch und in Gedanken an all das, was möglich gewesen wäre, aber nicht möglich wurde.
Wenn ich dir das Licht gebracht habe, dann hast du mich – ganz sicher – daran erinnert, dass alles Dunkle deutlich wird und ebenso machtvoll ist.
Selbstbildnis 1
Der Traum war sehr lebendig:
während ich mit meiner Familie zusammensitze draußen, stürmt eine Gruppe von Menschen an uns vorbei. Ein Mann, die Hauptperson,“ hüpft mit geschlossenen Füßen durch den Raum. Er hat keine Arme, nur Stümpfe, über denen die Hemdsärmel verknotet sind. Er schaut mich von oben freundlich an: „Komm mit!“ Ich stehe auf folge der Gruppe, deren Ziel es scheinbar ist, immer mehr Menschen zum Folgen und Mitmachen zu bewegen. Ich bin mittendrin, die gestellte Aufgabe, die ein Anleiter zu vermitteln versucht, bleibt mir unverständlich.
Ich bin nicht ängstlich, eher neugierig, finde spannend, was da passiert und freue mich an der Bewegung.
Als ich wach werde und über den Traum nachdenke und mich frage, was er mir erzählen möchte, komme ich auf ein ganz anderes Thema und stelle fest, ich bin auf ein zentrales Grundthemen gestoßen :
Projektionsfläche sein, darauf Spiegelungen fremder Schönheit, Größe, Schwäche:
„Spieglein, Spieglein, an der Wand, wer ist der Schönste, Beste, Größte…..hier im Lande?“
Und der Spiegel sagt dir (nicht) nur, was du gerne hören möchtest…
Derweil ich hinter dem Spiegel unscheinbar bleibe, spiegelt sich das fremde ICH in seinem Glanz, überhäuft mich mit Begeisterung, Zuneigung und Liebe.
Wie dankbar es ist, dass es so glänzen darf.
Ich lehne mich zufrieden zurück und bleibe heil, ganz in mir selbst geborgen, unbeirrbar, aber nicht unberührt, auf meinem eigenen inneren Weg.In meinem Parallelsystem ist alles möglich. Ich kann sein was ich möchte, kann jedes Wesen werden, Abgründe ausloten, in Felsspalten verschwinden oder zu Höhenflügen starten.
Berge aus Sand
Sand knirscht unter meinen Füßen.
Hitze raubt mir den Atem
Liebe, wie Fließsand
– tückisch und gefährlich –
welchem Ruf soll ich folgen
außer dem deinen in mir
zugewandt und abgewandt
innen und außen gleichzeitig
wohin auch immer die Füße mich tragen
noch nehme ich dich mit
du bist schwer, eine Last
gewichtet, ausgelotet und gewertet
WERTGESCHÄTZT
Secret Touches
etwas Gläsernes zwischen uns
nicht wie eine Wand
Eher wie ein Spiegel
als wir langsam auf einander zugingen
die Blicke ineinander gewunden
Es war…
etwas Zartes zwischen uns
nicht im Staunen
eher im Wissen darum
dass, was sich berührt
zu Staub verfallen wird
Es war …
Was ist das mit der Liebe?
Zeigt sie sich darin, dass du meine Fragen kennst und ich dir antworte bevor du fragst? Ich kannte dich einmal besser in allen geliebten und gelebten Jahren. Ja es gab diese Zeit , als der eine um den anderen wusste ohne zu fragen. Da war das Fühlen stimmig und überhaupt das Sein oft einstimmig. Wir gingen unseren Weg, unsere Wege wie eineiige Zwillinge.
Nach der großen Gemeinsamkeit, dem ein Herz und eine Seele sein, kam die Abgrenzung. Ich wollte einmal wieder mich spüren, ich meine, nicht uns sondern das vom uns, was meins ist. Es war da doch ein großer Gefühlsozean, in dem ich langsam verschwamm und aufhörte ich zu sein. Aber was war meins und was war deins?
Eine Grenze musste her, eine Grenze, die mein Land umschließt, mein Land in das ich mich zurück ziehen kann und in dem ich mich selbst wahrnehmen kann ohne von dir gestört oder unterbrochen zu werden, ein Land in dem ich entscheide, ob ich die Tür, das Fenster zu dir öffne oder nicht. Aber natürlich liebte ich dich immer noch, aber nicht mehr um den Preis, mich dabei zu verlieren.
Du bist verstimmt und gekränkt von dannen gezogen, und ich habe nach und nach gar nichts mehr begriffen. Unter Liebe verstand ich etwas anderes. Lieben heißt doch, mich anzunehmen, um dich anzunehmen. Du hast begonnen an meiner Liebe zu zweifeln. Scheinbar war Liebe für dich Auflösung und Einheit. Für mich aber nicht.
Ich frage dich, wie kann ich für dich etwas sein, wenn du nicht mehr wahrnehmen kannst, was ich bin? Wie kannst du für mich etwas bleiben, wenn du mir nicht meinen Raum lässt, in den ich mich zurückziehen kann, um meine Grenzen auszuloten, um mich und meine Konturen zu spüren?
Reibung braucht es, aber wie soll sie entstehen, wenn es die Reibungsstellen gar nicht gibt, weil meine/ deine Grenzen sich aufgelöst haben im Lieben? Nein, da muss etwas falsch sein. Oder bin ich falsch? Nehme ich mich und mein ICH zu wichtig?
Ganz gleich welche Frage sich da an diesem Punkt entwickelt, ich drehe mich im Kreis.
Also lasse ich es und sorge für mein eigenes Land, befestige und bewache es.
Es gibt sie immer noch, die Tore, an denen du anklopfen kannst. Du bist nicht mein Feind, nur manchmal, wenn du die Grenzen überschreitest und dir mein Land einverleiben willst. Ich liebe dich und ich möchte sehen, wie du dein eigenes Land bestellst. Dann können wir uns gegenseitig besuchen und aneinander freuen, unsere Erfehrungen austauschen uns gegenseitig befruchten oder für einen Augenblick im Niemandsland zwischen unseren Ländern alle Grenzen fallen lassen.
Eins aber will ich nicht mehr, niemals mehr: deine Gedanken lesen. Ich habe meine eigenen.
Meiner Liebe zu dir nimmt das nichts weg.
Liebe spüren…
wie sie aus der Mitte heraus sprudelt
ihren Weg sucht nach oben
hinaus in die Welt
dort einer Fontäne gleich
Lichtpunkte sprüht
Spiralen zieht und mitnimmt
wer in ihrem Kreis sich findet
und alles in einen warmen Mantel hüllt
aus Geborgenheit, Nestwärme und Vertrauen
so weit wie das meer
neufassung
herznah umschließt uns sanftes schweigen
räume öffnen tür und tor
seelenweit segeln wir
auf verwunschenen küssen
zu neuen horizonten
haut ist wie strand und sand
dem spiel von gezeiten
und berührung ausgesetzt
bist du ich – und ich du
sind wir, eins
bis nacht die lichter löscht
und uns entzweit
Lichtgesang.
Lichten Frühling will ich grün besingen
und dem Wind mein Lied verschenken
damit auch fern von hier es heller wird
und Gesang den Raum mit Liebe füllt