Selbstbildnis 6

ZEICHEN OHNE WORTE

In der Nacht habe ich von dir geträumt. Es hat an meiner Haustür geklopft, und ich habe geöffnet. Es war Tag und die Sonne schien. Ein paar Schäfchenwolken blieben an der Hecke hängen.Da standest du und hast mich angeschaut ohne etwas zu sagen. So richtig fassbar warst du nicht, eher ein sich in Auflösung befindlicher Geist. Nicht unästhetisch, so wie eine Wolke, die sich auflöst und dabei ihre Konturen verliert und langsam vom Himmel verschluckt wird. Du warst da! Ich fühle mich gesehen und verstanden. Es hat mir gut getan, mich aufgerichtet und mir Mut eingeflöst, ganz und gar ohne Worte. Und das war, was ich brauchte. Beim Aufwachen, war alles Schwere von mir abgefallen,wie ein altes, viel zu weites Kleid, das verschlissen und notdürftig geflickt nicht mehr passt und dringend der neuen Haut weichen muss. sie

Hoffnungsschimmer

Unabhängig davon was gerade an Sorgen und Belastungen da ist, das quirlige Vorfrühlingsgefühl gewinnt Oberhand. Es lässt sich weder abwimmeln noch ignorieren. Es ist durch die Haut in die Blutbahnen gelangt. Und dort spukt es hoffnungsfroh und fröhlich herum. Glückshormone sprudeln unter den länger und lichter werdenden Tagen. Jahre fallen ab. Mit dem kommenden Frühling wird alles wieder jung.
Warum nicht etwas neu beginnen, diesen energievollen Drang nutzen?
Und sei es nur, etwas scheinbar Abgelegtes aus der Kiste im Dachboden hervor zu kramen, es neu zu betrachten und zu beleben, um etwas anderes damit zu tun, als das Übliche und Altgewohnte.
Gedanken und Dinge verwandeln sich, wenn der Blickwinkel sich verändert.

WINDIG

winde wehen, toben, zornen
jagen wolkenherden über himmel
treiben schäfchen dicht zusammen,
bis tropfen fallen, dicht an dicht
übers land, durch alle bäume
auf die strasse, in den fluss, es rinnt und gießt

winde flüstern, schmeicheln, kitzeln
raunen zärtlich sommer in das ohr
säuseln mit dem apfelbaum träume in die nacht
lassen  zwillingskirschen baumeln
tragen jeden duft zu dir
streicheln über feuchte haut,  lassen brisen fächer sein

7.6.2014_3

 

 

 

 

Zuhause

Ein Haus ist nicht nur ein Gehäuse
dass sich wie eine dicke Haut schützend um Menschen schließt
-ihre Gemeinschaft darin einschließt –
ist Zeitzeugnis, Spurenbehältnis, Schlüsselkasten
hält Erinnerung fest, Emotionen, Gerüche und Klangfarben
gelebte Geschichte von Schicksalsgemeinschaften
archeologischeche Fundgrube gelebter Jahre
wenn jemand geht, bleibt ein Duft zurück.
der noch lange  in den Räumen  hängt
ein Haus ist zur Essenz verdichtet Zeitsubstanz in der Gezeitenströmung
geprägt von denen, die darin (über)leb(t)en

23.2.14_1