HERZ-NOTES(4)

„Komm!“ sprach die Stimme in mir laut.

So folgte ich dem Klang bis zum Grunde meiner Seele, dorthin, wo in den wilden Gärten unter dem Meer sein Echo nur noch flüstert. Farbig wuchert es, wohin der Blick auch fällt.
Zwischen exotische Gewächse pflanze ich Herzsteine, gieße sie mit meinen Tränen und vergrabe unter dem Seegras einen goldenen Schlüssel.
Zärtlich streifen Seepferdchen meine Fesseln. Das Meer nimmt mich mit und wiegt mich in den Traum.
Zwischen Ebbe und Flut wachsen mir Kiemen. Aus Beinen und Armen werden starke Flossen. Mit einem Schwarm kleiner Fische schwimme ich weit hinaus in die blaue Unendlichkeit.
Zu Algen kräuseln sich die Haare, treiben wie ein goldener Schleier auf dem Wasser.
Am Ende der Nacht singe ich mich  mit den Walen zurück in den Tag.
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Langsam, ganz langsam verebbt deine Stimme in den innerer Räume.

Es schmunzelte der Fisch

Und die Wellen brandeten an den Strand – nah der Dünen wuchsen mir Flossen, und ein Schuppenkleid hüllte mich ein. Das wogende Wasser nahm mich mit. Ich wuchs, wurde riesengroß. In der neuen Welt fand ich meinen Platz, doch ich war allein. Einen Fisch wie mich gab es noch nicht. Und ich suchte verzweifelt zwischen Algenwäldern und Muschelbänken. Kleine blausilberne Fischchen wirbelten wie Schleier um mich herum – Ringe über Ringe – sich weitend.
Im Bauch wuchs Raum – hungernd – einer leeren hallenden Höhle gleich. Dann sah ich dich: wie du im Wasser gegen die Strömung getanzt bist und mich durch Algen Feueraugen anblitzten – augenblicklich stand ich unter Strom – Flossen wedelten wild.

Mein Maul öffnete sich vor Staunen und schwups – schwammst du hinein, als sei nun dein Zuhause in mir – in dem leeren gierigen Raum. Nun war ich nie mehr allein – es bewegte sich in mir, purzelte quirlig im Bauchraum, bescherte mir fremde Gefühle – auch Schmerz – nie warst du ruhig. Du bist weiter gewachsen.
Es ging lange gut, und wir wuchsen aneinander. Während Flossenstöße Erdbeben in meinen Eingeweiden auslösten, verlorst du die Worte und wurdest stumm. Nur noch Reibung spürte ich.

Wann wurde der Raum zu eng? Wuchs ich nicht schnell genug? Ich war ja schon groß wie ein Wal. Du tobtest, deine Ausschläge schmerzten heftig, als zwischen innen und außen kein Raum mehr war, und wir nicht mehr unterscheiden konnten zwischen DU und ICH – fragte ich mich, verzehrtest du mich oder verschlang ich dich?

So spuckte ich dich aus – fast wärst du in meinem Hals steckengeblieben. Traurig, aber doch erleichtert schwamm ich zum Strand zurück, verlor Schuppenkleid und Flossen, überquerte auf Beinen die Dünen und sah Land.

Vielleicht – irgendwann, wer weiß , werden mir Federn wachsen und Flügel, und ich fliege hinaus ins weite Himmelsblau.

Nachsatz:

Ab und zu besucht er mich zwischen Himmel und Erde, einmal als Fisch – dann schwimmen wir ein paar Runden miteinander – ein anderes mal ist er Vogel – ich darf auf seinem Rücken sitzen, und er nimmt mich mit – himmelan – manchmal lasse ich ihn hinein in mich – aber immer nur kurz – für einen kleinen Augenblick.

@findevogel