Sie denkt ROT

und es wird warm
ein FEUER, fühlt sie
die Flammen zischen
glutrot, zinnober, gelborange
quirlige Funken stieben mit dem Wind
kreisen im Blut
wirbeln Lebensenergie auf


Machtvoll steht die Wolfsfrau
am Rande des wilden Waldes
gesträubt das Fell, Witterung aufgenommen
in ihren Ohren trifft sich die Welt
ein Sprung nur hinüber
ins Zwischenreich

 

ROT

Mein Sommer ist rot: erdbeerfrisch, kirschensüß, johannisbeersauer Rosenrot duftet betörend in blaue Stunden trockene Hitze liegt beerentrunken auf den Feldern während Feuerteufel orangerot mit den Funken spielen fließt vor dem Hochhaus ein Rinnsal aus Blut der freie Fall dauerte Ewigkeiten Menschen stürmen wutentbrannt aufeinander los Tauben dösen, Spatzen schilpen die Zeit trägt Ewigkeit Nebenan flattert eine Fahne und schleckt ein Kind entrückt am Himbeereis

Nachklang zur Sommersonnenwende

Nachklang Sommersonnenwende

Ich bin still geworden am letzten Sonntag und in mich hinein gekrochen. Dort waren noch alle Lieder und Töne vom Chortag davor. Ich verspürte kein Bedürfnis, mich unter Menschen zu mischen. Alles war gut wie es war und die Johannisbeeren reif. Ich pflückte sie und freute mich an ihrem satten Rot, das ich gestern als köstliches Gelee in kleine Gläser packte. So habe ich den Juni eingefangen für später. Überhaupt sollten diese Frühsommerwochen um die Sonnenwende herum rot gezeichnet sein: kirschrot, erdbeerrot, johannisbeerrot, rosenrot, feuerlilienrot. Nur ein Feuer fehlte mir am Sonntag, aber ich stellte es mir vor, sah das Flackern, Funkeln und Glühen, spürte die Hitze auf der Haut und schmiedete einen Wunsch darin, der zur Gewissheit wurde. Und so gehe ich klarer und bewusster weiter durch die wieder kürzer werdenden Tage.