Vom grünen König 1

So beginne ich:
Medusa ist mein Name. Ich träume weiter und lasse meine Worte zu euch sprechen:
Der grüne König schlummert am Grund des Meeres.
Seine Worte sind schon lange verklungen.
Die kleinen Fische in den Korallenriffen staunen und huschen durch sein üppiges Algenhaar, so als sei es Gebüsch. Sie spielen Verstecken darin.
Eine kleine Nixe schwimmt heran und kitzelt ihn am Kinn. Er wacht nicht auf.
Da nimmt sie aus ihrem Schatz kleine Perlen und flicht sie in die wallende Mähne und den gelockten Bart.
Als das den König auch nicht zu wecken vermag, klatscht sie in die Flossenhände und besteigt kurz darauf eine Seepferdchenkutsche. Das Gefährt trägt sie zum perlmutternen Wasserschloss.
Dort nimmt die kleine Nixe eine zierliche Flöte aus einem Schilfkorb, der an den Dachsparren hängt. Die Flöte ist kunstvoll aus Bambus geschnitzt. Einmal kam ein junger Prinz aus den östlichen Meeren zu Besuch. Er brachte die Flöte mit und lehrte die Nixe das Spielen darauf. Aber das, verehrte Zuhörer, ist eine andere Geschichte.
Die Nixe kehrt zurück zum grünen König und flötet ein Lied .

Wie es aber auch gewesen sein könnte, das erzähle ich euch morgen.

HERZ-NOTES(4)

„Komm!“ sprach die Stimme in mir laut.

So folgte ich dem Klang bis zum Grunde meiner Seele, dorthin, wo in den wilden Gärten unter dem Meer sein Echo nur noch flüstert. Farbig wuchert es, wohin der Blick auch fällt.
Zwischen exotische Gewächse pflanze ich Herzsteine, gieße sie mit meinen Tränen und vergrabe unter dem Seegras einen goldenen Schlüssel.
Zärtlich streifen Seepferdchen meine Fesseln. Das Meer nimmt mich mit und wiegt mich in den Traum.
Zwischen Ebbe und Flut wachsen mir Kiemen. Aus Beinen und Armen werden starke Flossen. Mit einem Schwarm kleiner Fische schwimme ich weit hinaus in die blaue Unendlichkeit.
Zu Algen kräuseln sich die Haare, treiben wie ein goldener Schleier auf dem Wasser.
Am Ende der Nacht singe ich mich  mit den Walen zurück in den Tag.
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Langsam, ganz langsam verebbt deine Stimme in den innerer Räume.