„Ich bin beschämt,“ denkt Marie und sie fühlt es auch. Der Kopf hat sich gesenkt und die Kehle ist wie zugeschnürt „stehen bleiben soll ich, nicht weiter gehen, verwurzeln wie ein Baum, genau an diesem Platz.“
Etwas hält sie fest. Hat sie vielleicht schon Wurzeln bekommen? Vielleicht ist sie ja gerade eine Marionette, gelenkt von einer anderen Kraft. Fremd ist das alles! Lieber wären ihr Flügel gewesen.
„Marie, bleib stehn!“ schreien die Stimmen in ihrem Ohr.
Marie ist gerannt und gerannt – immer, fast ihr ganzes Leben lang – jetzt muss sie stehen bleiben und sehen lernen. Kein Rausch, mit dem sie vorbei fliegt, keine Fluchten in andere Räume, nicht ständig diese Eigenbewegung.
Jetzt kreist es um sie, fließt an ihr vorbei, lässt sie hinter sich, bewegt sich von ihr fort.
Was sieht Marie?
„Die Dinge bewegen sich auch ohne mein Zutun.“ stellt sie erstaunt fest.
Marie packt nicht zu, nimmt die Dinge heute nicht in die Hand, lenkt nicht, greift nicht.
Beschämt steht sie da, nutzlos scheinen ihr die Hände, die nicht mehr wissen, wie sie sich ineinander verschränken sollen. Und schwere Beine, die Wurzeln treiben. Leer! Aber in welche Tiefen? Marie fürchtet sich vor diesen Abgründen. Vielleicht ist sie deshalb immer unterwegs gewesen.
Schwer fällt es ihr, die Hände ihn den Schoß zu legen und nichts zu tun, nichts anzupacken, nichts neu zu beginnen..
Die Wurzeln halten sie fest am Ort. Um ihre Achse dreht sich die Welt.
Sie steht und steht, vergisst Minuten, Stunden, Tage.
Ihr Kopf ist leer. Ein weißer Raum, lichtgefüllt.
Sie hat losgelassen.
Was sie verwundert noch denkt im letzten Aufbegehren:
„Innen wie außen gleich, ob ich mich bewege oder das Außen, es bewegt mich.
Die Reise ist nur scheinbar zuende.
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Vielleicht habe ich deshalb Marie verloren. Sie ist an einem Tag, an den ich mich nicht erinnere, einfach stehen geblieben, und ich bin weiter gehetzt. Wo war ich mit meinen Gedanke und Gefühlen? Es hat lange gedauert, bis ich bemerkt habe, dass Marie mir abhanden gekommen ist. Ich werde sie suchen.