„Sternenstaub!“ hatte jemand gesagt an einem Abend, nachdem gerade die Sonne untergegangen und der Mond im Zwielicht zwischen Tag und Nacht noch nicht erschienen war.
„Aus Sternenstaub sind wir.“
Da war sie wieder, die Stimme. Marie lauscht und späht zum Fenster hinaus. Sie sieht nichts. Woher ist die Stimme gekommen? Marie erfasst, dass die Stimme aus ihr selbst gekommen ist. Vor langer Zeit hat ihr jemand diesen Satz gesagt. Gefühle steigen hoch, traurige, denn die Stimme gehörte jemandem, der schon eine Weile aus Maries Leben verschwunden ist.
„Ebbe und Flut.“ denkt Marie. „Immer die Gezeiten, die im Blut nachwirken.“
Es war lange Ebbe gewesen, das heißt, Marie hatte nicht an ihn gedacht und so die schmerzlichen Gefühle von sich ferngehalten. Jetzt aber ist wieder Flut. Es brandet und mit der Brandung steigen Schmerz, Angst, Sehnsucht, Verlangen und das Gefühl vollkommener Einsamkeit in ihr hoch. Die Kehle wird eng, Druck liegt auf dem Magen, Tränen steigen in die Augen.
„Wann nur,“ fragt sich Marie, „hört das auf.“
Marie schlüpft in ihr Bett und zieht die Bettdecke über den Kopf. Ganz nah zieht sie die Knie an die Brust. Sie weint und schluchzt wie ein Kind, das sich verlassen fühlt. Sie wiegt sich hin und her, als sei sie ihre eigene Mutter. Es dauert lange, bis das Weinen verebbt und ein letzter Schluchzer sich aus der Kehle befreit.
Die Wellen sind jetzt ruhig. Über dem Wasser glitzert der Mond.
Marie steht auf und wäscht sich das Gesicht. Sie schaut in den Spiegel, der über dem Waschbecken hängt. Die Augen sind rot. Jetzt will sie schlafen, nur noch schlafen, denn die Gefühlsgezeiten haben ihre ganze Kraft gekostet. Sie lächelt sich zu. „Ja, aus Sternenstaub sind wir gemacht und zu den Sternen kehren wir zurück, irgendwann.“
⭐ 🙂
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